Resilienz – Vitalisieren und mit Zuversicht das eigene Leben gestalten Einblicke ins echte Leben

„Ich bin gut in dem, was ich tue …
Aber manchmal frage ich mich: Wo bleibe eigentlich ich selbst?“ Julia, 38, Bereichsleiterin in einem IT-Unternehmen, lehnt sich in unserem Coaching leicht zurück. Ihre Stimme ist ruhig. Es ist nicht das Drama, das sie müde macht. Es ist der Dauerbetrieb. Das eigene innere Gedankenkarussell und der viele Wechsel zwischen unterschiedlichen Themen und Rollen – nicht nur auf der Arbeit, teilweise auch privat.
Julia ist hochprofessionell, durchsetzungsfähig, effizient – und in den letzten Monaten innerlich oft erschöpft. Nicht, weil sie scheitert. Sie vermutet selbst: weil ich selten innehalte. Die Anforderungen im Job sind komplex, die Erwartungen an sie – und von ihr an sich selbst – sind hoch.
In unserer Arbeit als Beraterinnen und Coaches begegnen wir immer mehr Menschen wie Julia. Menschen, die viel leisten – im Außen klar und stark wirken – und im Inneren den Zugang zu ihrer Kraft verlieren. In einer Welt voller Komplexität, Geschwindigkeit und ständiger Anforderungen tauchen Fragen auf – ohne das es den Geschmack von „Selbstoptimierung“ hat:
- Wie kann ich mich selbst inmitten all dem navigieren?
- Wie nähre ich die Verbindung zu meinem Selbst?
- Was stärkt meine Handlungsfähigkeit?
Eine Lernreise, ein Coaching, zum Thema Resilienzfähigkeit kann helfen, individuelle Antworten, Strategien und Aha-Erkenntnisse darauf zu finden.
Krise, Bruch, Neuanfang – oder einfach das stille Gefühl: Es reicht.
Julias Geschichte ist kein Schicksalsschlag, kein Burnout. Und doch ist da ein Punkt, an dem sie spürt: So wie bisher geht es nicht mehr lange weiter. Ich will das so nicht mehr.
Wir sprechen im Coaching über ihre „Lebenslinie“ – Zeiten, in denen sie sich erfolgreich und selbstwirksam fühlte und auch orientierungslos sowie überfordert erlebt hat. Und darüber, was sie getragen hat. Sie erkennt: Es waren meist die kleinen, unspektakulären Routinen – Pausen im Alltag, Gespräche mit Menschen, die sie wirklich verstehen, Klarheit über ihre eigenen Werte.
“Eine Krise besteht darin,
dass das Alte stirbt und das Neue
nicht geboren werden kann.“
– Antonio Gramsci –
Reflexionsimpuls:
- Welche Wendepunkte gab es in deinem Leben, in denen du innerlich gewachsen bist?
- Welche Ressourcen – innere oder äußere – haben dich dabei gestärkt?
Was verstehen wir unter „Resilienz“?
Resilienz ist die Fähigkeit, auch in herausfordernden, unvorhersehbaren Situationen innerlich stabil und handlungsfähig zu bleiben (u.a. Gunther Schmidt) Es ist nicht das „Wegstecken“ von Belastung – sondern der bewusste Umgang mit ihr. Dabei schöpfen wir vor allem aus zwei Quellen:
- Inneren Ressourcen: wie Optimismus, Selbstregulation, Kreativität
- Äußeren Ressourcen: wie soziale Unterstützung, stabile Beziehungen, tragende Netzwerke
Um dem komplexen Wesen von Resilienz gerecht zu werden, sprechen Expertinnen oftmals auch von einer Meta-Kompetenz – also einer übergeordneten Fähigkeit, die uns hilft, mit Wandel, Unsicherheit und Krisen konstruktiv umzugehen.
Dabei ist Resilienz keine feste Eigenschaft, sondern eine Kompetenz, die sich entwickeln und trainieren lässt.
Sie beruht auf mehreren psychologisch fundierten Konzepten und Modellen, darunter
- Salutogenese – Entstehung von Gesundheit als ein Prozess
- Coping-Strategien – Umgang mit Stress und Belastungen
- Hardiness-Modell – innere Widerstandskraft
- Achtsamkeit – bewusste Selbstwahrnehmung und -regulation
Auch Julia erkennt im Coaching, dass Resilienz nicht bedeutet, immer belastbar und souverän zu wirken – sondern sich selbst im Trubel des Alltags nicht aus dem Blick zu verlieren. Im Coachingprozess beginnt sie, ihre inneren Ressourcen überhaupt wieder wahrzunehmen: ihre Klarheit, ihre Fähigkeit zur Struktur, aber auch ihre tiefe Sehnsucht nach mehr Selbstfürsorge.
Ein erster Schritt: Sie beginnt, sich jeden Morgen zehn Minuten kreative Reflexionszeit zu gönnen – mit Stift und Notizbuch. Dabei beantwortet sie intuitiv zwei Fragen: Was brauche ich heute? und Was inspiriert mich gerade – beruflich oder persönlich?
Julia gestaltet diese Momente bewusst frei: mal mit Worten, mal mit kleinen Skizzen oder Mindmaps. Dieses kreative Ritual hilft ihr nicht nur, den Tag innerlich auszurichten, sondern auch wieder Zugang zu sich selbst zu finden – jenseits von reiner Funktionalität.
Ein zweiter Schritt: Sie identifiziert im Coaching auch ihr Unterstützungsnetzwerk neu – nicht nur beruflich, sondern auch privat. Gespräche mit vertrauten Menschen werden wieder zu echten Energiequellen.
Reflexionsimpuls:
- Wann hast du zuletzt eine herausfordernde, unvorhersehbare Situation erlebt?
- Welche inneren und äußeren Ressourcen waren dir dabei besonders hilfreich?
Die 7 Säulen der Resilienz – und wie wir sie stärken können
In unseren Resilienz-Programmen arbeiten wir mit dem Ansatz von Prof. Dr. Jutta Heller. Wie andere Autoren und Fachexperten auch, differenziert sie Resilienzfähigkeit anhand mehrerer, konkret sieben, Faktoren. Dieser vielschichtige Ansatz ist nicht zuletzt deshalb hilfreich, da Resilienz so im Umgang mit verschiedenen Situationen und Aspekten gefördert werden kann.
Die sieben „Säulen“ der Resilienz – unserem inneren Immunsystem:
- Optimismus: das Vertrauen, dass sich Dinge zum Guten wenden können
- Akzeptanz: Realität anerkennen, statt gegen sie zu kämpfen
- Lösungsorientierung: den Fokus auf Handlungsspielräume richten
- Selbstregulation & Fürsorge: innere Führung, achtsamer Umgang mit sich selbst
- Verantwortung & Gestaltungskraft: das eigene Leben aktiv beeinflussen
- Beziehungen & Netzwerke: sich stützen lassen und andere stützen
- Zukunftsorientierung & Werte: Klarheit über das, was wirklich zähl
Reflexionsimpuls:
- Welche dieser Säulen trägt dich derzeit besonders?
- Und welche braucht möglicherweise mehr Aufmerksamkeit?
Das Bambus-Prinzip – gestärkt durch Beweglichkeit
Resilienz zeigt sich in der Balance zwischen Stabilität und Flexibilität. Ein hilfreicher Metapher ist dafür der Bambus: Er ist tief verwurzelt, gleichzeitig biegsam genug, um Stürmen standzuhalten.
Auf uns Menschen bezogen bedeutet das:
- Agilität: u.a. geistige Beweglichkeit, Veränderungsbereitschaft
- Stabilität: u.a. innere Struktur, Rituale im Alltag, Klarheit über Werte und Ziele
Ein resilientes System – ob Mensch oder Organisation – braucht beides.
Julias Aha-Moment im Coaching kam, als sie erkannte: Sie hat ihre Flexibilität fast überdehnt – und dabei ihre stabilisierenden Routinen aufgegeben. Ihr Kalender war voll, aber ihr inneres Kraftfeld leer. Resilienz bedeutet nicht, immer stark zu sein.
Für Julia heißt das konkret, in ihrem Alltag wieder kleine Inseln der Ruhe zu etablieren – vielleicht ein bewusst gesetzter Feierabend, ein täglicher Spaziergang ohne Smartphone oder ein Gespräch mit einer vertrauten Kollegin. Es geht nicht darum, alles perfekt zu regulieren – sondern darum, sich selbst wieder stärker zu spüren und gezielter für sich zu sorgen.
Autorin: Yvonne Arenhoevel, Senior Beraterin